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Hochzeitstag

Nach 45 oder mehr Scheidungsanträgen, die ich in den letzten Jahren für Mandanten gestellt habe, mache ich mir jedes Jahr Gedanken zu meinem eigenen Hochzeitstag.

11 Jahre sind es nun.

Ich weiß, dass viele das nicht schaffen.

Nach den Gründen frage ich nie. Die meisten Mandanten und Mandantinnen erzählen selbst, warum es nicht mehr klappt. Ich kommentiere das nicht, ich werte nicht, ich versuche, für meine Mandanten das Beste daraus zu machen.

Ganz oft klappt das auch, denn es ist immer das gleiche Schema.

Am Anfang steht der Schock über die Trennung, der Unmut gegenüber dem (Ex-)Partner, möglicherweise auch Machtspielchen zum Finanziellen.

Während des Trennungsjahres versucht man sich irgendwie zu arrangieren, man findet in den neuen Alltag und ist sich meist auch weitgehend einig, was Kinder, Hausrat und Vermögen angeht.

Dann kommt der Scheidungstermin und egal, wie streitig vorher alles war, am Ende sagen beide doch immer Ja auf die Frage des Richters/der Richterin, ob sie geschieden werden wollen.

Ich gratuliere dazu nicht. Ich stelle förmlich den Antrag und erkläre ggf. den Verzicht auf Rechtsmittel. Es ist ganz oft der gleiche Ablauf. Aber an eines habe ich mich noch immer nicht gewöhnt: Die Ex-Partner der Mandanten sind oft ganz anders, als ich sie mir zuvor vorgestellt hatte. 😉 Da gibt es Fälle, bei denen ich mich wundere und solche, bei denen mir klar wird, warum die Ehe so endete, wie sie endete.

Noch kurz eine kleine Statistik zu „meinen“ Scheidungen:

Kürzester Scheidungstermin: 7 Minuten

Längster Scheidungstermin: ca. 45 Minuten

Scheidungstermine ohne den Gegner: 3

Scheidungstermine mit Tränen: 1

Scheidungstermin mit Jubel: 1

Scheidungstermin, bei dem die Beteiligten hinterher Essen gingen: 1

Scheidungstermin mit Dolmetscher: 1

Härtefallscheidung vor Ablauf des Trennungsjahres: 1

Längste Verfahrensdauer: 27 Monate

Ging es nicht eigentlich um meinen eigenen Hochzeitstag?

Mutterglück

Es kommt nicht allzu oft vor, dass eine Mutter das Umgangsrecht mit ihrem Kind einklagen muss. Meist sind es die Väter.

Seit dem ich selbst Mutter bin, musste ich einen Antrag auf Regelung des Umgangs für eine Mandantin, die Mutter ist, nicht mehr stellen. Ich hatte überwiegend Väter vertreten.

Meine Mandantin durfte ihre Tochter bisher nur alle 2 Wochen für 2 Stunden sehen, weil der Vater den Umgang nicht gewähren wollte.

Wir haben nun eine gerichtliche Regelung beantragt. Das Gericht war auf Seiten meiner Mandantin und hat eine Ausweitung des Umgangs befürwortet.

Zum ersten Mal in meiner Anwaltstätigkeit, die immerhin seit 8 Jahren besteht, konnte ich die Freude dieser Mandantin – einer liebenden Mutter –  nachvollziehen, als sie aus dem Gerichtssaal herauskam und ihrer Begleitperson berichtete, dass sie ihre Tochter nun öfter sehen dürfe.

Mir war vor meiner eigenen Mutterschaft nicht bewusst, wie schlimm es sein muss, sein Kind nicht oder nur selten sehen zu dürfen.

Diese Freude, das Glück dieser Mutter, das Strahlen in deren Augen lassen mich fassungslos, aber auch erfreut und nachdenklich zurück.

 

 

Grenzen

Nun ist es fast Sommer und ich führe mittlerweile 10 Berufsbetreuungen. Das heißt im Klartext, dass ich manchmal für wildfremde Menschen entscheiden muss, wie es für sie weitergeht, ja sogar, ob sie weiter leben dürfen. Dies trifft v.a. schwer kranke Patienten, die nicht mehr ansprechbar in einem Krankenhaus liegen und bei denen jede weitere medizinische Behandlung keinen Nutzen hätte und die keine Angehörigen mehr haben oder deren Verwandten die Betreuung nicht machen wollen.

Bisher stand ich erst ein einziges Mal vor diesem Problem. Da hatte sich die Patientin wieder erholt. Erschreckend, wie schnell die Ärzte manchmal mit dem Äußersten sind.

Aktuell stehe ich wieder vor dieser Frage, die über Leben oder Tod entscheidet. Da ist die Ausgangslage eine andere und der Patient wird sich nicht mehr erholen.

Tja, und nun? Darf man das? Darf ich das? Das Gesetz erlaubt es mir, dahingehend einzuwilligen, dass der Patient, wenn es denn seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entspricht, nicht weiter behandelt wird, man ihn also nur noch palliativ versorgt. Erlaubt mir das auch meine Religion? Eigentlich nicht. Und mein persönliches Empfinden? Das darf hier keine Rolle spielen. Ich muss neutral bleiben, egal, in welche Richtung und vorher natürlich mit den Angehörigen und Ärzten sprechen.

Ich weiß, dass ich in diesem Falle nicht über Leben und Tod entscheide. Denn dieser Patient wird ohnehin demnächst an einer andere Krankheit sterben. Es ist lediglich eine Verkürzung seines Leides. Die andere Variante wäre die Verlängerung des Sterbens.

Und was ist mit seiner Frau? Diese liegt ebenfalls schwer krank in der Klinik. Wird sie ihn noch einmal sehen können? Ist ihr das zuzumuten?

Werde ich am Ende wissen, ob meine Entscheidung die richtige war?

Aufgrund meiner langen Abwesenheit gebe ich mal ein Update zu mir.

Vor einem Dreivierteljahr habe ich meinen Kanzleistandort aufgegeben und bin in eine andere Stadt umgezogen. Mit Kleinkind war es einfach nicht mehr möglich, täglich 2 Stunden zu pendeln. Zudem waren die Bedingungen und das Arbeitsklima in der alten Bürogemeinschaft nicht die besten.

Ich habe den Umzug nicht bereut. In der jetzigen Kanzlei sind mit mir 5 Berufsträger und ein Diplom-Jurist. Wir haben 2 Azubis, manchmal Praktikanten, die sich heutzutage einiges herausnehmen 😉 und eine Kooperationskanzlei an meinem früheren Standort. Das ist gerade wegen meiner alten Mandanten ein echter Vorteil. Zudem haben hier fast alle Kolleginnen und Kollegen kleine Kinder, was enorm zum gegenseitigen Verständnis bei Ausfällen beiträgt. So ein Kleinkind wird ja doch immer unpassend krank oder verteilt Killerviren, die es sich in der KiTa eingefangen hat.

Seit Kurzem bin ich neben meinem Anwaltsjob noch Berufsbetreuerin. Das heißt, ich regele die Angelegenheiten für Personen, die das selbst nicht mehr können. Ich muss zugeben, dass ich diesbezüglich total ins kalte Wasser geworfen wurde, weil gleich mein erster Fall quasi alles beinhaltet, was eine Betreuung so hergibt. Aber learning by doing ist ja bekanntlich eine gute Idee und so bin ich gespannt, wie es weiter geht. Diese Aufgabe macht unheimlich viel Spaß, weil man richtig etwas bewirken kann und man nebenbei auch noch die wichtigsten Ansprechpartner in Behörden, Kliniken und Gerichten kennen lernt. Andere würden sagen, man kann als Berufsbetreuer sein Helfersyndrom ausleben und bekommt noch Geld dafür. 😉 Da ist sicher etwas dran. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Ansonsten stoße ich oftmals noch immer auf Unverständnis oder Erstaunen, wenn ich erzähle, dass ich mit Kleinkind Vollzeit tätig bin. KiTa-Öffnungszeiten bis 16:00 Uhr können da durchaus ein Problem darstellen, wenn man nicht im selben Ort arbeitet. Bisher ließ sich zwar alles ganz gut organisieren, dennoch ist es nicht immer einfach. Einmal habe ich einen Gerichtstermin verlegen lassen, weil er mit der Kinderbetreuung nicht zu vereinbaren war. Allzu oft kann man das sicher nicht machen, wenn man nicht als unzuverlässig oder überfordert dastehen möchte. Andererseits finde ich, dass man das Vereinbarkeitsproblem durchaus bekannter machen sollte, denn es wird immerhin von uns Frauen erwartet, dass wir voll berufstätig sind, sobald das Kind 3 Jahre alt ist. Dazu in den nächsten Tagen mehr. Ich habe zu diesen Themen viel gelesen, kommentiert und gestritten.

 

Es wird Zeit, wieder zu bloggen.

Nach fast 1,5 Jahren Pause fange ich mit etwas Lustigem an. Eine Mandantin erzählt mir gerade, dass sie extrem gute Orgasmen habe. Diese dauerten eine Viertelstunde. Währenddessen springen ihre Fische im Aquarium. Der Nachbar habe sie wegen Lärmbelästigung angezeigt.

Hätte ich fragen sollen, ob die Fische den Lärm verursachen?

Neulich habe ich mich über mangelnde Effizienz aufgeregt. Das kann ich heute wirklich nicht. Ein kleiner Auszug aus einem Termin an einem kleinen unterfränkischen Amtsgericht.

Richter: Frau Rechtsanwältin, warum schicken Sie einen Scheidungsantrag vorab per Fax, wenn keine Fristen laufen?

Ich sinngemäß: Weil wir das schon immer so gemacht haben und wo kämen wir denn da hin, wenn wir das ändern würden. (Anmerkung: In Bayern kommt damit durchaus weiter).

Richter: Der Freistaat Bayern geht dadurch pleite!

Ich: Wegen 3 Seiten???

Ich war kurz davor, dem Richter die 1,50 € Kopierkosten bar auf den Tisch zu legen! Echt jetzt! Wofür bezahlen die Mandanten denn Gerichtskosten?

Unabhängig hiervon komme ich in die Haftung, wenn der Antrag am Ende nicht bei Gericht eingeht oder verspätet eingegangen ist. Das hat nämlich Auswirkungen auf die Ehezeit. Und diese wiederum bestimmt die Höhe des Versorgungsausgleichs. Da kann manchmal ein Monat mehr schon weh tun. Von Unterhaltsansprüchen etc. fange ich gar nicht erst an.

Aber eines muss ich diesem Gericht zugute halten: Protokoll und Beschluss wurden am Ende des Termins ausgedruckt und wir konnten die Abschriften gleich mitnehmen. 2 mal Porto gespart. Das Gericht (somit der Freistaat Bayern) sich den Brief zu mir und ich mir den zum Mandanten. Immerhin 2,90 € günstiger als sonst. Da können wir uns nun einen Kaffee davon kaufen (zumindest in der Gerichtskantine).

Schema F

Wenn man Gericht Schriftsätze einreicht, muss man die erforderliche Anzahl von Abschriften und Anlagen beifügen. Normalerweise ein Original (für den Richter), eine beglaubigte Abschrift (für den gegnerischen Anwalt) und eine Kopie (für den Gegner). Anlagen, also Schriftstücke, die als Beweismittel dienen, müssen nur 2 mal eingereicht werden.

Dies aber auch nur dann, wenn der Gegner diese nicht ohnehin schon hat. Was übrigens oft genug vorkommt. Dann schreibt man das in die Klage/Klageerwiderung aber auch rein.

Dennoch kommt es immer wieder vor, dass die Rechtspfleger meinen, die Abschriften seien immer doppelt vorzulegen. Stimmt nicht. Außerdem ist es in solchen Fällen hilfreich, doch mal den Schriftsatz zu lesen, bevor man den Anwalt auffordert, die fehlenden Abschrift nachzureichen.

So hätte man sich Papier und Porto und der Anwalt sich einen Anruf sparen können.

Effizient ist anders.

14:35 Uhr: Der Fuchs kam vor ca. 15 Minuten. Leger in schwarzer Jeans und schwarzem Hemd. Ein Zeichen stiller Trauer?

Der letzte Tag

Ich hatte es im letzten Beitrag bereits angedeutet. Die Kanzlei hat sich neu aufgestellt. Seit Mai habe ich mich mit 3 weiteren Kollegen aus einer anderen Kanzlei ganz in der Nähe zusammengeschlossen.

Die Kollegen sind Ende 40, Anfang 60 und Anfang 30. Ich bin die einzige weibliche Anwältin dort.

Heute sind 3 Monate seit dem Zusammenschluss vergangen. Langsam lebe ich mich ein. Es war etwas hektisch, da der älteste Kollege in den Ruhestand geht. Genauer: Er tut es morgen. Das heißt nichts anderes, als dass heute sein letzter Tag als Anwalt ist.

Bisher ist er heute noch nicht in der Kanzlei gewesen. Er will wohl noch kommen. Ich muss ihn fragen, wie sich das anfühlt. Immerhin war er nun seit über 30 Jahren Rechtsanwalt und ist ab morgen 0:01 Uhr wieder Volljurist oder Assessor.

Ich hatte mit seinen Mandaten nie viel zu tun. Das aber, was ich mitgekriegt habe, zeigte mir, dass der Kollege nicht nur wahnsinnig viel Erfahrung hat, sondern auch sehr viel Fachwissen. Nun ja, wie auch nicht?

Für mich ist er ein Fuchs. 😉

Heute ist also Fuchs‘ letzter Tag und ab Mitte August, wenn dann alle aus dem Urlaub zurück sind, werden wir 3 verbliebenen uns hoffentlich noch besser zusammenfinden.

Es ist jetzt Mittag. Vielleicht kann ich noch live vom „letzten Tag“ berichten.

Zurück

Nach etlichen Monaten komme ich wieder einmal dazu, hier zu schreiben und ich hoffe, dass ich künftig wieder mehr Inhalte liefern kann. Was ist in den letzten Monaten geschehen?

Nun ja, ich habe im Januar mein Söhnchen bekommen. 🙂

Schwangerschaft und Beruf gestalteten sich ab der 30. Schwangerschaftswoche nicht immer leicht. Nur kurz in Stichpunkten:

– Fortbildungen werden zur Qual, wenn man Wasser in den Beinen hat und den ganzen Tag sitzen muss
– man rennt ständig zur Toilette und hofft, dass Gerichtstermine nicht allzu lange dauern
– man begründet Fristverlängerungen mit „schwangerschaftsbedingten Ausfällen“
– Umstandsblazer sind wahnsinnig teuer oder nur im Ausland zu kriegen
– Man hat am Ende nur noch die Auswahl zwischen 2 Hosen und 1 Paar Schuhe (Letzteres ist im Winter extrem blöd)
– man steht ständig unter Strom, weil immer die Befürchtung mitschwingt, es könnte weit vor dem Geburtstermin etwas passieren, was nicht geplant war
– ich genoss die CTGs beim Frauenarzt, weil das oftmals meine einzigen 20 Minuten Auszeiten in der ganzen Jahresendhektik waren
– man muss sich rechtfertigen, wenn man sagt, dass man 8 Wochen nach der Geburt wieder voll einsteigen will
– Autofahren wird schwer, insbesondere Ein- und Aussteigen

Nun ja, letztendlich stand ich trotz vorzeitiger Wehen 3 Wochen vor der Entbindung noch im Gerichtssaal. Mutterschutz hatte ich vor der Geburt gar nicht, da das Kind 12 Tage früher kam als errechnet. Eigentlich hatte ich diese letzten Tage nur für mich nutzen wollen – tja, das war mir leider nicht vergönnt.
Selbst nach nächtlichem Blasensprung habe ich noch mehrere beruflich veranlasste E-Mails geschrieben, da mein Vertreter natürlich auch nicht mit einem früheren Geburtstermin gerechnet hatte.

Und danach?

Dazu ein anderes Mal mehr. Nur so viel: Ich habe fast alle meine früheren Ansichten zur Vereinbarkeit von Job und Baby über den Haufen geworfen. Die mütterlichen Hormone hatten mich voll im Griff. Und das ist gut so. 🙂

Dennoch: Die Kanzlei gibt es noch, wenn auch in etwas anderer Form und die meisten Mandanten sind mir treu geblieben.